Status quo der Vergabe von lokalen Frequenznutzungsrechten zum Aufbau von 5G-Campusnetzen

Ergebnisse der Umfrage des WIK unter den Inhabern einer Campusnetzlizenz im Bereich 3,7-3,8 GHz in Deutschland

In Deutschland haben Unternehmen und Organisationen seit nunmehr zwei Jahren die Möglichkeit, Frequenzen zum Aufbau von 5G-Campusnetzen bei der Bundesnetzagentur zu beantragen. Dazu können bis zu 100 MHz im Bereich von 3,7 bis 3,8 GHz beantragt werden, um Anwendungen auf einem klar abgegrenzten Unternehmensgelände umzusetzen. 5G ist dafür als besonders leistungs-und zukunftsfähige Kommunikationstechnologie prädestiniert. Die lokalen Frequenzen werden dabei technologieneutral vergeben, das heißt, es kann zunächst auch ein LTE-Netz errichtet werden. Bis Mitte November 2021 wurden 169 Unternehmen bzw. Organisationen entsprechende Frequenzen für lokale Netze durch die Bundesnetzagentur zugeteilt.

Gibt es international vergleichbare Regelungen?

Im internationalen Vergleich bestehen zum Teil erhebliche Unterschiede der regulatorischen Vorgaben zur Vergabe von lokalen Frequenznutzungsrechten. Zwar haben auch in anderen Ländern Regulierungsbehörden Frequenzspektrum reserviert, mit dem Ziel, Campusnetze aufbauen zu können (bspw. in Finnland). In Bezug auf den frühen Zeitpunkt der Vergabe, die Flexibilität und den Umfang des Frequenzspektrums nimmt Deutschland jedoch eindeutig eine Vorreiterrolle ein. Dementsprechend verfolgen vor allem europäische Länder, die noch nicht vergleichbare Regelungen geschaffen haben, die Entwicklungen in Deutschland ganz genau.

Welche Erfahrungen haben Zuteilungsinhaber bei der Beantragung von lokalen Frequenzen und dem Aufbau von 5G-Campusnetzen in Deutschland bislang gemacht?

Mit dem Ziel, die Erfahrungen der bisherigen Zuteilungsinhaber beim Antragsverfahren und dem darauffolgenden Aufbau von 5G-Campusnetzen zu analysieren, hat das WIK im August 2021 eine umfangreiche Umfrage unter den Zuteilungsinhabern durchgeführt. Die dort erzielten Erkenntnisse geben erste Antworten auf Fragen zur Durchführung des Antragsverfahrens, der Motivation und den Chancen für den Aufbau der Netze sowie den aktuell noch bestehenden Problemen.

Sowohl die Zuteilungsgebühr für die lokalen Frequenzen als auch der administrative Aufwand des gesamten Antragprozesses werden durch die Zuteilungsinhaber als gering eingestuft. Beispielsweise beträgt die gesamte Dauer von der Antragsstellung bis zur Zuteilung i. d. R. nur wenige Wochen. Insgesamt ist die regulatorische Ausgestaltung demnach keine Hemmschwelle für Unternehmen, entsprechende Frequenznutzungsrechte zu erhalten.

Wer hat bislang Frequenznutzungsrechte beantragt? Welche Vorteile versprechen sich die Zuteilungsinhaber davon?

Anhand der Sektorenzugehörigkeit der bisherigen Zuteilungsinhaber wird die nach wie vor frühe Phase der Implementierung von 5G-Campusnetzen deutlich. Etwa ein Drittel der befragten Zuteilungsinhaber sind dem Bereich Forschung und Entwicklung, zum Beispiel Hochschulen zuzuordnen. Gleichzeitig positioniert sich eine Vielzahl von Akteuren mit neuen Geschäftsmodellen im Bereich Campusnetze, beispielsweise Systemintegratoren, die industrielle Anwender bei der Implementierung unterstützen können und dafür eigene 5G-Testlabore errichten. Die tatsächlichen Anwender von 5G aus der Industrie, zum Beispiel aus der Elektroindustrie oder dem Maschinen- und Anlagenbau sind vor allem größere Unternehmen, die über entsprechende personelle und finanzielle Kapazitäten verfügen, um das Thema voranzutreiben.

Die Zuteilungsinhaber sehen in der Beantragung eigener lokaler Frequenzen den großen Vorteil, nicht mehr von den öffentlichen Mobilfunknetzbetreibern abhängig zu sein. Aus Sicht der Industrieunternehmen spielt der frühzeitige Aufbau von Know-how zu 5G eine große Rolle, von der diese sich Wettbewerbsvorteile bei der Digitalisierung der Unternehmensprozesse versprechen.

Welche Probleme bestehen noch bei der Umsetzung? Was hemmt potenzielle Antragssteller?

Das Potenzial von 5G sowie die Anzahl möglicher Anwendungsfälle für Verticals sind unbestritten hoch. Die bisherigen Zuteilungsinhaber haben als vielversprechende 5G-Anwendungen besonders häufig den Einsatz fahrerloser Transportsysteme (FTS) oder von Augmented bzw. Virtual Reality Anwendungen angegeben. Dennoch besteht häufig noch ein Problem darin, den Mehrwert von 5G in der Breite der Anwendungen tatsächlich auch quantifizieren zu können und einen entsprechenden Business Case aufzustellen. Zudem war zu Beginn des Antragsverfahrens die Verfügbarkeit von 5G-fähiger Hardware noch begrenzt oder die Kosten zu hoch. Diese Hemmnisse stellen für viele Unternehmen noch Unsicherheitsfaktoren dar, weshalb die Anzahl an bisherigen Zuteilungsinhabern mit 169 noch recht gering ist.

Die genannten Probleme treten verstärkt für KMU auf, die weniger personelle und finanzielle Möglichkeiten haben, den Aufbau eines 5G-Campusnetzes voranzutreiben. Für diese Unternehmen ist die Unsicherheit zum jetzigen Zeitpunkt z. B. in Bezug auf den Mehrwert von 5G noch deutlich höher als für größere Unternehmen.

Wie geht es weiter?

Die Umsetzung von 5G-Campusnetzen steht noch ganz am Anfang. Bisher bestehende Probleme in Bezug auf die Verfügbarkeit von 5G-fähiger Hardware werden sich mit der Zeit und im Zuge der weiteren Standardisierung verringern. Voraussetzung für den Erfolg von 5G-Campusnetzen ist, dass sich ein großes 5G-Ökosystem entwickelt, das ganz unterschiedliche Akteure einbindet, um der Komplexität von 5G zu begegnen. Gleichzeitig müssen vor allem KMU dabei unterstützt werden, ebenfalls von 5G für eigene Campusnetze profitieren zu können.

 

Author: Matthias Franken

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