MobileAtlas soll das Testen von Mobilfunknetzen in der EU ermöglichen
Das entwickelte Framework ermöglicht die geografische Trennung von SIM-Karte und Mobilfunkmodem. Dadurch können Tests in ganz Europa durchgeführt werden.
Mobilfunknetze sind nicht nur Datenzugangsnetze zum Internet. Wegen ihrer besonderen Dienste und ihrer Fähigkeit, z. B. große und komplexe Verbindungen für das Roaming aufzubauen, stellen sie ein eigenes Forschungsgebiet dar. Durch Roaming sollen Mobilfunkkund*innen die mit ihrem Mobilfunkanbieter vereinbarten Dienste auch im Ausland nutzen können. Dabei sollen sie die versprochene Sicherheit und Privatsphäre genießen. Die Rede ist hier vom sogenannten Roam-Like-At-Home-Prinzip. Es verspricht EU-Bürger*innen in der 2022 neu gefassten EU-Roaming-Verordnung, dass auf Reisen in der EU der gleiche Preis und die gleiche Qualität wie zu Hause gelten. CISPA-Forscher Adrian Dabrowski bezweifelt, dass dieses Versprechen eingehalten werden kann. Zum einen werde die technische Umsetzung trotz ähnlicher Dienste im Heimatnetz unterschiedlich gehandhabt. Zum anderen hätten die Mobilfunkbetreiber in Bezug auf das Roaming einen großen Spielraum und wenig Kontrolle. Dies sei auch für die Sicherheit der Netze problematisch.
Aufgrund der großen Anzahl von Betreibern und Netzen innerhalb der EU, war es bisher mit enormem Aufwand verbunden, ausländische Mobilfunknetze zu testen und zu messen. Aus diesem Grund hat Dr. Adrian Dabrowski in Zusammenarbeit mit Gabriel Gegenhuber von der Universität Wien und Forscherkollegen von SBA Research den MobileAtlas entwickelt. Bei dem MobileAtlas handelt es sich um eine Art Infrastruktur, die es ermöglicht, Tests in ganz Europa durchzuführen – egal von welchem Standort aus. Die geografische Trennung von SIM-Karte und Mobilfunkmodem wird durch das entwickelte Framework ermöglicht. Das Modem ist eine Komponente in mobilen Endgeräten, wie beispielsweise Smartphones. Es stellt die Verbindung zwischen Gerät und Mobilfunknetz her. Seine Aufgabe ist es, Funkdaten in die richtige Form zu bringen und an Sendemasten zu senden und zu empfangen. Die SIM-Karte dient zur Identifikation der Nutzer*innen. Sie ordnet das Smartphone einem bestimmten Netz zu. Das Framework ist für die Trennung von SIM-Karte und Telefon zuständig. Über das Internet wird dann das Kommunikationsprotokoll simuliert. Auf diese Weise ist es möglich, sich virtuell zwischen verschiedenen Standorten zu bewegen. Damit kann z.B. die SIM mit einem Messpunkt in Frankreich verbunden werden, obwohl sich das Endgerät in Deutschland befindet. Dazu ist lediglich ein Endgerät in Deutschland oder Frankreich erforderlich.
Die Experimentierumgebung des MobileAtlas ist erweiterbar und basiert auf einem Open-Source-Ansatz. So können andere Forschende Standorte, SIM-Karten und Messskripte beisteuern. Auch Mobilfunkbetreiber können damit testen, ob ihre Roaming-Partner ihre Versprechen halten. Mit Hilfe des MobileAtlas entdeckten die Forschenden beispielsweise, dass es in einigen Mobilfunknetzen möglich ist, bestimmte Dienste so zu tarnen, dass der dafür anfallende Datenverkehr nicht vom im Tarif enthaltenen Datenvolumen abgezogen wird. Auch Sicherheitsprobleme für die Endnutzer*innen wurden nachgewiesen. So wurden z.B. problematische Firewall-Konfigurationen gefunden oder die versteckte Kommunikation der SIM-Karte mit dem Heimnetzwerk aufgedeckt. Nach Ansicht von Dabrowski sind diese Erkenntnisse jedoch nicht besorgniserregend.
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