Dr. Volker Ziegler

6G Leadership at Nokia Bell Labs
Dr.-Ing. Volker Ziegler blickt auf mehr als 25 Jahre internationale Erfahrung in der Telekommunikationsbranche zurück. Aktuell hat er eine führende Rolle in der Strategie- und Technologie-Abteilung des Konzerns inne und fungiert als „Senior Technology Advisor“ und „Chief Architect“. Zuvor hatte er eine Führungsfunktion in der 6G Forschung und leitete bei den Nokia Bell Labs Initiativen mit Kunden und Partnern rund um 6G. In seiner vorherigen Position als Leiter des 5G Leadership und „Chief Architect“ bei Nokia Mobile Networks spielte Volker Ziegler eine Schlüsselrolle bei der Definition des Nokia 5G End-to-End-Angebots und der Positionierung von Nokia bei den damit verbundenen Innovationen, Technologien und Architekturen.

5G Q&A mit unseren Konferenzteilnehmern

„Von 5G zu 6G – Konnektivität im Zeichen globaler Krisen“ ist der Titel des diesjährigen Konferenztages am 10. November 2022 – welchen Beitrag können 5G oder 6G hinsichtlich akuter Themen wie Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz leisten?

5G, 5G Advanced und 6G werden in besonderer Weise dazu beitragen, die Digitalisierung von Industrie und Gesellschaft voranzutreiben und zu beschleunigen. Kommunikations- und Konnektivitäts-Technologien können hierbei bedeutende Nutzeffekte für nachhaltigen Klima- und Umweltschutz zusammen mit wirtschaftlichem Wachstum freisetzen:

  • Die Wiederverwendung von Wertstoffen, Treibhausgas-neutrale Ressourcenoptimierung wird durch ein besser vernetztes, produktiveres und sichereres Arbeitsumfeld die Effizienz insbesondere von vermögensintensiven Industrien massiv steigern.
  • Mobile Kommunikationslösungen werden Menschen und Firmen neuartigen Zugang zu mobilen Diensten und nachhaltigen Angeboten ermöglichen, zunehmend auch in hybrider Form zwischen digitaler und physischer Präsenz.

Mobile Netztechnologien selber werden wir nachhaltig gestalten können durch Modernisierung der Radio-Zugangsnetz-Technologien, der Automatisierung und Optimierung von Energieeffizienz und Energieeinsparung und der Digitalisierung von Diensten. Die Modernisierung der Radionetze umfasst insbesondere Zielsetzungen der Energieeffizienz und Treibhausgas-Neutralität, wobei beispielsweise flüssiggekühlte 5G Basisstationen sowie neuartiger Softwarelösungen im Basisband der Radiozugangsnetze bis zu 40% Energieersparnis im Vergleich zur Vorgängergeneration ermöglichen. Insbesondere stehen für die weitere Evolution von 5G und 6G im Mittelpunkt klar definierte Entwurfsziele der Energieffizienz, die sich zunehmend mithilfe der Technologien des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz realisieren lassen.

Nachhaltigkeit, Vertrauenswürdigkeit und digitale Inklusion werden auch die zentralen Werte-Treiber des 6G Zeitalters mit dem Beginn der 2030er Jahre sein. Diese werden genauso bedeutsam sein wie herkömmliche Leistungsparameter wie maximaler Datendurchsatz, Echtzeitverhalten und Netzverfügbarkeit.

In diesem Zusammenhang hat das vom BMBF finanzierte deutsche Leuchtturm-Projekt 6G-ANNA (6G-Access, Network of Networks, Automation & Simplification) den Anspruch, einen ganzheitlichen Systemansatz für 6G Mobilfunksysteme zu liefern. Ein breit aufgestelltes Konsortium von Industrieunternehmen sowohl aus der Kommunikationsindustrie als auch auf der Anwendungsseite (inkl. KMUs und Start-Ups) hat sich mit akademischen Experten zusammengefunden, um im Einklang mit der Hightech-Strategie 2025 der Bundesrepublik Deutschland eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung von 6G Kommunikationstechnologien für Deutschland und damit auch Europa anzustreben. Wichtige 6G-ANNA Aufgabenstellungen sind die tiefe Einbettung von künstlicher Intelligenz einhergehend mit einer deutlich vereinfachten Handhabung des Kommunikationsnetzes durch Automatisierung, die Sicherstellung der Nachhaltigkeit durch geringen Energieverbrauch und umsichtigen Umgang mit Netzressourcen, die Sicherheit der Daten und der Schutz der Privatsphäre sowie Zuverlässigkeit und Resilienz des gesamten 6G Systems.

5G gilt als Schlüsseltechnologie der Digitalen Transformation. Was wurde Ihrer Meinung
nach bisher erreicht?

Der Fokus der einzelnen Generationen von Kommunikationsnetzen hat sich stetig weiter entwickelt. 2G- und 3G-Netze waren vor allem ausgerichtet auf die Mensch-zu-Mensch Kommunikation mit Hilfe von Sprache und Text. 4G hat dann das Zeitalter des massiven Datenkonsums und der mobilen Breitbandnetze eingeleitet. Dieser Trend setzt sich bei den 5G-Netzen fort, aber gleichzeitig werden Anwendungsfälle des Internet der Dinge („Internet of Things“, IoT) und der industriellen Automatisierung ermöglicht. Der beschleunigte und weltweite Ausbau von 5G Netzen wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen: Zwischenzeitlich offerieren über 200 Mobilfunknetzbetreiber ihre Dienste in mehr als 80 Ländern, Ende dieses Jahres werden bereits mehr als eine Milliarde Menschen kommerzielle 5G Dienste aktiv nutzen, und bis Ende 2026 werden voraussichtlich mehr als 60% der Weltbevölkerung Zugang zu 5G Diensten haben.

Es gibt bereits eine Fülle von kommerziellen 5G Anwendungen wie insbesondere breitbandige Dienste in Verbindung mit Video Streaming kombiniert mit der Nutzung von sozialen Medien; kombinierte drahtlos-drahtgebundene Lösungen („Fixed Wireless Access“) als schnelle Alternative zur glasfaserbasierten Breitband-Anbindung von Haushalten und Firmen auf der letzten Meile;
Spiele und Unterhaltung mit erhöhten Anforderungen an Echtzeitverhalten und Latenz; immersive Veranstaltungen und Erlebniswelten sowie Szenarien der erweiterten und virtuellen Realität und zugehörige Endgeräte.

Im Rückblick auf das bisher Erreichte ist die besondere Rolle der industriegeführten Standardisierung hervorzuheben, die im Rahmen von 3GPP und ETSI sowie einem damit einhergehenden Patentschutz mit fairen, angemessenen und nicht diskriminierenden Lizenzbedingungen definieren. Auch die Förderinstrumente der Europäischen Kommission im Rahmen von Horizon2020 waren hilfreich, im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften der vorwettbewerblichen Forschung die Basis für das frühe 5G-Ökosystem zu schaffen.

Derzeit wird noch viel an digitalen Innovationen geforscht, die auch das volle Leistungsspektrum von 5G ausnutzen – auf welche 5G-Anwendungen sollte Ihrer Meinung nach ein besonderer Fokus gelegt werden?

Mit dem weiteren Ausbau von sog. Stand-Alone 5G-Netzen wird 5G-Core durchgängig zum Einsatz kommen. Damit kann das 5G-Netz weitere Flexibilität und Dienste-Optimierung durch das sog. „Network-Slicing“ (in ein und demselben physischen Netz lässt sich eine Vielzahl von virtuellen Netzen konfigurieren) erhalten.

Darüber hinaus wird in den nächsten fünf Jahren die weitere Evolution der 5G-Netze massiv voranschreiten: 5G-Advanced wird eine große Zahl an neuen Anwendungsfällen gerade im Industriebereich ermöglichen. Anwendungsfälle der erweiterten Realität („eXtended Reality“, XR) und der Weg zur mobilen Nutzung des Metaverse werden immer wichtigere Bereiche sowohl im Industrie- als auch im Consumer-Bereich. Dies wird ermöglicht durch weiter verbesserte Leistungsparameter in Datendurchsatz, Latenz und Mobilität, einhergehend mit Innovationen insbesondere von mMIMO („massive multiple input multiple output“) Radio-Antennen, um die Uplink-Charakteristik der Netze zu verbessern. Höhere Energieeffizienz und durchgängige Nutzung von KI/ML werden die Betreibbarkeit der Netze weiter nachhaltig verbessern. Außerdem erweitern die Optimierung der 5G-Netze für Anwendungsfälle des Internets der Dinge („Internet of Things“) und die Einbindung von fliegenden Plattformen und Satelliten den Leistungskatalog von 5G-Advanced-Netzen.

 


 

Hier geht es zur Übersicht über die 3rd 5GNRWeek