Prof. Dr. Christian Wietfeld
Prof. Dr. Christian Wietfeld auf dem 5G.NRWeek Konferenztag
Panel, Donnerstag, 21. November 2024, 13:00 – 14:00 Uhr
Dr. Andreas Müller
Project Director 6G, Robert Bosch GmbH, General Chair 5G-ACIA
Klaus Müller
Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA)
Mona Neubaur
Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie und stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen
Tanja Richter
Geschäftsführerin Technik und Network Director, Vodafone Deutschland GmbH
Claudia Plattner
Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
Prof. Dr.-Ing. Christian Wietfeld
Communications Networks Institute (CNI), TU Dortmund, CC5G.NRW & 6GEM
5G-Q&A mit Prof. Dr. Christian Wietfeld
Welcher nächste Schritt ist im Ausbau der mobilen Infrastruktur dringend notwendig?
In den letzten Jahren ist es gelungen, dem immer weiter und immer noch steigenden Bedarf der privaten Datennutzer Rechnung zu tragen und die Kapazitäten in öffentlichen Netzen signifikant zu steigern. Im nächsten Schritt des Ausbaus müssen nun die Kerninnovationen von 5G in der Fläche verfügbar werden, insbesondere hoch zuverlässige und latenzarme Kommunikation für sicherheitsrelevanten Anwendungen wie Teleoperation von Fahrzeugen, der Telemedizin oder dem Betrieb kritischer Infrastrukturen wie dem Energienetz. Weiterhin ist der Ausbau privater Mobilfunkinfrastrukturen als Ergänzung öffentlicher Infrastrukturen (Campus-Netze) essenziell, um die die hohen Anforderungen industrieller Anwender bedienen zu können: der Ersatz der heute noch weit verbreiteten drahtgebundenen Kommunikation durch hochzuverlässige, drahtlose Kommunikation erlaubt hier die notwendige Flexibilität zur Realisierung des industriellen Metaversums mit mobilen Robotern und KI-unterstützenden AR/VR-Anwendungen. Ein wesentlicher Schritt für den Ausbau der mobilen Infrastrukturen ist hierbei auch die Erschließung neuer Frequenzbereiche oberhalb von 6GHz, insbesondere die heute schon verfügbaren, aber selten genutzten Frequenzen im 26 GHz-Bereich.
Welche neuen Geschäftsmodelle und Innovationen für 5G oder 6G sehen Sie in den nächsten fünf Jahren?
Eine wesentliche Innovation für 5G und 6G liegt darin, differenzierte Angebote für Anwendergruppen mit sehr hohen Anforderungen zu entwickeln, wie sie beispielsweise mit Campusnetzen und Network Slicing ermöglicht werden. Die mit 5G begonnenen Campusnetze können ihre Vorteile gegenüber WLAN im Hinblick auf Skalierbarkeit und Zuverlässigkeit auch unter Hochlast weiter ausspielen und damit zur Kerninfrastruktur von industriellen Anwendern in Produktion, Logistik und für kritischen Infrastrukturen werden. In der kombinierten Planung und Nutzung von öffentlichen und privaten Netzen liegt besonders großes Potential im Hinblick auf Effizienz und Nachhaltigkeit der Netze: Verdichtung des öffentlichen Netzes mit privaten Infrastrukturen nur da, wo es notwendig ist, während sich in anderen Bereichen die Mitnutzung der öffentlichen Infrastruktur über Network Slicing anbieten kann. Das Ziel der kommenden Jahre muss sei, Nachhaltigkeit, Effizienz und Leistungsgarantien durch hochgradig skalierbare Netzarchitekturen zu verknüpfen, um so auf sich dynamisch verändernde Rahmenbedingungen, auch unvorhergesehener Natur, reagieren zu können. Neuartige KI-gestützter Netzplanungs- und Netzbetriebslösungen können diesen bedarfsgerechten Aufbau und resilienten Betrieb der Netze umsetzen.
Wann erwarten Sie 6G in der Praxis und inwieweit wird 6G die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten und miteinander interagieren transformieren?
Die Forschung zu 6G-Netzen läuft bereits auf Hochtouren, jedoch ist die Definition und Einführung von 6G Netzen gemäß der 3GPP Standards erst ab 2030 zu erwarten. Dennoch werden wir auch schon früher von der 6G-Forschung profitieren können. Viele der in der 6G-Forschung entstehenden Ideen und Konzept sind software-definiert und damit nicht zwingend an eine bestimmte Version des Standards gebunden. Somit wird der Übergang zu 6G agil erfolgen können: 6G-orientierte Konzepte wie die integrierte Kombination von Kommunikation und Sensorik (JCAS- Joint Communication & Sensing) lassen sich mittels KI-Methoden und heute verfügbarer Hardware bereits unabhängig vom Verlauf der 6G-Standardisierung realisieren. Andere 6G-Konzepte hingegen, wie die Verknüpfung von physikalischen und virtuellen Welten mittels AR und VR erfordern ganz neue Endgeräte, die heute noch nicht alltags- und massenmarkttauglich sind. Insofern gibt es noch signifikanten Forschungsbedarf, um die in der Frage anklingende Erwartungshaltung einer revolutionären Transformation der Kommunikation, so wie sie das Smartphone für 4G und 5G ermöglicht hat, in einem nächsten Schritt für 6G zu realisieren.