Michael ten Hompel

Geschäftsführender Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik
Prof. Dr. Dr. h. c. Michael ten Hompel ist Inhaber des Lehrstuhls für Förder- und Lagerwesen an der Technischen Universität Dortmund und geschäftsführender Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML.

Er studierte Elektrotechnik an der RWTH Aachen und promovierte an der Universität Witten/Herdecke.

Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit ist Prof. ten Hompel auch als Unternehmer tätig gewesen. So gründete er 1988 die GamBit GmbH (heute Vanderlande Logistics Software) und führte das Unternehmen, das sich vorrangig mit der Entwicklung und Realisierung von Warehouse-Management-Systemen beschäftigt, bis zu seinem Ausscheiden im Februar 2000 als geschäftsführender Gesellschafter.

5G Q&A mit unseren Konferenzteilnehmern

„Von 5G zu 6G – Konnektivität im Zeichen globaler Krisen“ ist der Titel des diesjährigen Konferenztages am 10. November 2022 – welchen Beitrag können 5G oder 6G hinsichtlich akuter Themen wie Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz leisten?

Um die Logistik nachhaltig zu organisieren und zu steuern, brauchen wir Daten in Echtzeit entlang der gesamten Kette und hier spielen 5G und 6G eine ganz entscheidende Rolle. Wie groß die Potenziale sind, zeigt das Beispiel der »intelligenten Wertstofftonne« für Glas und Papier (ITCPRO), die wir für Rhenus entwickelt haben: Hier werden 30% Ressourcen gespart, da der ITCPRO den Füllstand der Tonne misst und per 5G (NB-IoT) meldet, so dass keine leeren oder halbvollen Wertstofftonnen angefahren werden. Das bietet in Verbindung mit einer Batterielaufzeit von 5 Jahren und rechtssicherer Buchung der Leerung sowie autonomer Abrechnung per Blockchain Technologie maximale Transparenz, Flexibilität und Nachhaltigkeit. Bis jetzt sind 20.000 ITCPRO im Einsatz und allein von Rhenus wurden mehr als hunderttausend weitere bestellt.

Das ist aber alles nur der Anfang. Mit 5G wird es möglich, weltweit mit zig Millionen solcher Tracker bidirektional und mit geringsten Energiemengen zu kommunizieren und im zweistelligen Prozentbereich Ressourcen zu sparen.

Nun brauchen wir 6G für den Bereich der Intralogistik. Dort werden in Zukunft schnelle, autonome Fahrzeugschwärme wie unsere LoadRunner Realität. Sie haben das Potenzial, unflexible und schwere Fördertechnik abzulösen und – ähnlich wie bei der Wertstofftonne – Leerfahrten und Umwege zu eliminieren und Ressourcen im zweistelligen Prozentbereich zu sparen. Solche Schwärme müssen schnell fahren, um die notwendige Leistung zu erbringen. Sie müssen viel kommunizieren, um den Schwarm effizient zu organisieren und sie müssen in Echtzeit und millimetergenau ihre Position bestimmen – genau das versprechen wir uns von 6G.

5G gilt als Schlüsseltechnologie der Digitalen Transformation. Was wurde Ihrer Meinung nach bisher erreicht?

Vor 20 Jahren haben wir das Internet der Dinge ausgerufen und vor 10 Jahren die vierte industrielle Revolution. Beides braucht moderne Kommunikationsstandards wie 5G und wird in dieser Dekade industrielle Normalität. 5G hat zudem das Potenzial, die Logistik mit der Nutzung cyberphysischer Systeme wie dem ITCPRO grundsätzlich zu revolutionieren.

Es ist auch sehr gut zu sehen, dass öffentliche 5G Netze mehr und mehr durch Campus- Netze ergänzt werden. Hier liegt die Zukunft industrieller 5G-Nutzung in den Lägern und Produktionsanlagen.

Zugleich muss man allerdings auch feststellen, dass 5G bisher hinter den Erwartungen und hinter manchen Versprechungen zurückbleibt. In unseren Labors ist vieles prototypisch realisiert, was seit etlichen Jahren darauf wartet, industriell umgesetzt zu werden. Unterdessen ist es noch immer schwierig, geeignete Hardware zu bekommen – sowohl für das Netz als auch für die Systeme. Hier hat Deutschland Nachholbedarf.

Derzeit wird noch viel an digitalen Innovationen geforscht, die auch das volle Leistungsspektrum von 5G ausnutzen – auf welche 5G-Anwendungen sollte Ihrer Meinung nach ein besonderer Fokus gelegt werden?

Viele Prozesse in der Logistik und damit in der Kommunikation zu bewegten Gütern auf der ganzen Welt sind denkbar. Dort finden sich die Potenziale, die wir basierend auf 5G und 6G heben, um mit gesicherten Daten Prozessketten zu organisieren und zu steuern – von der Einhaltung des Lieferkettengesetzes für Lebensmittel bis zur Steuerung von Fahrzeugschwärmen, die CO2-neutral in unseren Lägern fahren.

Aktuell könnte das Fazit lauten:
Die Technologie ist da, aber für die Logistik in vielen Fällen noch nicht greifbar. Daher sollte neben dem technologischen Push auch die Nutzbarkeit der Technologie im Fokus der Forschung und Entwicklung liegen. Denn wir wollen unsere Spitzenposition bei der Entwicklung eines nachhaltigen Internets der Dinge hier und jetzt behaupten.

 


 

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