Dr. Christoph July

Projektleiter für Smart Grid, Smart Cities, IoT-Technologien, devolo solutions GmbH
Studium der Physik an der RWTH Aachen. Anschließende Promotion am Institut für Festkörperforschung des Forschungszentrums Jülich in Assoziation mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf im Bereich der Festkörperphysik. Danach Fortsetzung der Forschungstätigkeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter am 2. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart zum Thema nano-tribologische Phänomene. Industrielle Tätigkeit als Projekt- und Entwicklungsleiter für komplexe messtechnische Projekte sowie Entwicklung diverser Produkte zur Erfassung von Mobilfunknetz-Topologien im Bereich der Kommunikationstechnik und Messtechnik bei der S.E.A. Datentechnik GmbH in Troisdorf. Seit 2017 Entwicklungs- und Projektleiter bei der devolo solutions GmbH im Bereich strategischer Kommunikationstechnologien und Innovationsprojekte für intelligente Vernetzung (Smart Grid, Smart Cities, IoT-Technologien).

Dr. Christoph July auf dem 5G.NRWeek Konferenztag

Donnerstag, 21. November 2024, ab 14 Uhr

Impuls: Sichere hybride Kommunikation für sensible Umgebungen in der Medizin und Industrie

LINCNET verfolgt das Ziel, die vertrauliche und sichere Digitalisierung im Gesundheitswesen sowie im industriellen Umfeld gezielt voranzutreiben. Durch technologische Innovationen verschiedener Kommunikationsstandards und technologieübergreifende Konzepte soll eine kostengünstige Integration von Datenkommunikation in bestehende Arbeitsprozesse ermöglicht werden. Im Bereich der Kommunikation legt das Projekt den Grundstein für den Ausbau des technischen und wirtschaftlichen Vorsprungs Deutschlands sowie die Stärkung der technologischen Souveränität des Landes. Die Aachener devolo solutions GmbH, mit Schwerpunkten auf Kommunikation, Digitalisierung und Embedded Systems, ist Konsortialführer des Projekts LINCNET.

Das Kernthema von LINCNET ist die nahtlose Datenkommunikation über ein breites Spektrum technisch anspruchsvoller Kommunikationsstandards. Ein besonderer Schwerpunkt des Projekts ist die sogenannte Lichtkommunikation, die eine interferenz- und störungsfreie Lösung für sensible Kommunikationsanforderungen in den vorgestellten Anwendungsfällen bietet. Die optische Kommunikation LiFi (Light Fidelity) stellt eine ideale Ergänzung zur sicheren Anbindung von kritischen Umgebungen an ein 5G-Kommunikationsnetz dar.

Die Projektidee im Detail: Durch den Einsatz von Powerline, einer Technologie, die bestehende Kabel für die Datenübertragung nutzt, kann eine kostengünstige Brücke zwischen LiFi und 5G geschlagen werden. Idealerweise wird die LiFi-Technologie in bereits vorhandene Beleuchtungssysteme integriert. Im medizinischen Bereich könnte dies beispielsweise die Operationsbeleuchtung betreffen, während in industriellen Anwendungen ganze Lichtschienensysteme mit LiFi ausgestattet werden könnten. In beiden Fällen spielen Größe, Komplexität und Kosten eine entscheidende Rolle. Zur Kostenreduktion verfolgt LINCNET daher eine sogenannte Analog-Forwarding-Strategie. Dabei verbleibt die Signalverarbeitung auf der Einspeiseseite der Powerline-Kommunikation, während die LiFi-Transceiver ein bereits erzeugtes Basisbandsignal verstärken und wandeln. Die in die Beleuchtung integrierte Hardware erfordert somit weder teure Chips noch komplexe Schaltungen. In einem nächsten Schritt könnte sogar die bereits verbaute Lichtquelle als Sender verwendet werden, was eine noch größere Kostenreduktion ermöglichen würde.

Grundsätzlich sollen die Potenziale von LiFi als integraler Bestandteil von 5G aufgezeigt und demonstriert werden, wobei die branchenspezifischen Anforderungen für die Integration von LiFi, PLC und 5G berücksichtigt werden.

5G-Q&A mit Dr. Christoph July

Welcher nächste Schritt ist im Ausbau der mobilen Infrastruktur dringend notwendig?

Für ein effizientes 5G-Netz wäre eine weitreichende Nachverdichtung notwendig. Besonders langwellige Frequenzen, die eine bessere Durchdringung ermöglichen, sollten durch eine erweiterte Frequenzvergabe nutzbar gemacht werden. Zudem sollte der Fokus verstärkt auf 5G standalone liegen, um die Abhängigkeit von bestehenden 4G-Netzen zu minimieren. Um den Ausbau zu beschleunigen, sollten Anreize geschaffen werden, die Netzbetreiber dazu motivieren, ihre bestehende Infrastruktur gemeinsam zu nutzen. Die beschriebenen Herausforderungen können insbesondere durch hybride Standards und Technologien vereinfacht werden, da dadurch kein teures Backhaul über Glasfaser zwingend erforderlich wäre.

Welche neuen Geschäftsmodelle und Innovationen für 5G oder 6G sehen Sie in den nächsten fünf Jahren?

Mit Blick auf LINCNET sind besonders hybride Ansätze und Geschäftsmodelle für devolo sowie die anderen Projektteilnehmer von Interesse. Häufig kann eine reine Mobilkommunikation den gegebenen Anforderungen nicht vollständig gerecht werden. Insbesondere in störintensiven oder besonders sensiblen Umgebungen stoßen reine Funknetze an ihre Grenzen. Diese Lücke lässt sich wirtschaftlich durch technologieübergreifende Standards und Lösungen, wie die im Rahmen von LINCNET entwickelten Proofs of Concept (PoCs), schließen.

Wann erwarten Sie 6G in der Praxis und inwieweit wird 6G die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten und miteinander interagieren transformieren?

Mit 6G wird eine weitere Steigerung der Datenrate und eine Verbesserung der Latenzzeiten Einzug in unseren Alltag halten, was neue Geschäftsmodelle, basierend auf Augmented Reality, ermöglichen könnte. Die Vision von hochdynamischen Smart Cities und Smart Grids könnte ebenfalls von diesem technologischen Fortschritt in der Mobilkommunikation profitieren. Besonders anspruchsvolle IoT-Anwendungen, wie beispielsweise die Verarbeitung von Videoinformationen, könnten auf sogenannten „constrained devices“ mühelos umgesetzt werden. Telemedizin und persönliche Sensorik könnten an Popularität gewinnen, und virtuelle Begegnungs- und Arbeitsräume könnten allgegenwärtig werden.