Bereitstellung von mobilen Anwendungen in Multi-access Edge Computing Umgebungen
Die Entwicklungen in der Mobilkommunikationstechnologie, wie 5G und zukünftige 6G-Netze, revolutionieren die Art und Weise, wie mobile Anwendungen betrieben werden. Diese Technologien bieten erhebliche Verbesserungen in der Netzwerkqualität, insbesondere durch geringere Latenzzeiten und höhere Datenraten. Doch mit der Entwicklung und Integration dieser neuen Systeme ergeben sich neue Herausforderungen, insbesondere dadurch, dass Anwendungen anders bereitgestellt werden müssen.
Cloud Computing ermöglicht die Bereitstellung von Anwendungen in global verteilten Rechenzentren. Ein wesentlicher Vorteil ist die flexible Bereitstellung großer IT-Ressourcen, wie CPU, Speicher oder Speicherplatz, auf Abruf. Allerdings können die Qualitätsmerkmale des Netzwerks, wie Latenz oder Bandbreite, zu kritischen Engpässen werden. Dies kann zu merklichen Verzögerungen führen, abhängig von der geographischen Distanz zwischen dem Endgerät und der Anwendung im Rechenzentrum. So erfordern zum Beispiel Virtual Reality (VR) Anwendungen Latenzzeiten zwischen 10 ms und 40 ms sowie Datenraten von bis zu 2,35 Gbit/s, abhängig von der VR-Auflösung. Ähnliche strenge Latenzanforderungen gibt es für Anwendungen im Bereich Vehicle-to-Everything (V2X), etwa 100 ms für Kollisionswarnungen und 10 ms für autonomes Fahren.
Um diese Qualitätsanforderungen zu erfüllen, wurde Edge Computing entwickelt. In den letzten Jahren sind mehrere Implementierungen von Edge Computing entstanden, wie Cloudlets, Fog Computing und Multi-Access Edge Computing (MEC). Letzteres, definiert vom European Telecommunications Standards Institute (ETSI), wurde 2014 in den 5G-Standard integriert und gilt als Standard für Edge Computing in der Mobilkommunikation. Das Hauptziel von MEC ist die Bereitstellung von IT-Ressourcen in Form von MEC-Hosts und -Diensten in der Nähe des Endgeräts innerhalb des Zugangsnetzes.
Eine Möglichkeit, die beste Netzwerkqualität zu gewährleisten, besteht darin, alle Anwendungskomponenten, also Microservices, auf dem geografisch nächstgelegenen Host zum Endgerät zu platzieren. Bewegt sich das Endgerät in die Nähe einer anderen Basisstation mit Verbindung zu einem MEC-Host, können alle Dienste ebenfalls auf diesen Host verlagert werden. Im Gegensatz zum Cloud Computing, können diese Hosts kaum dynamisch skaliert werden, weswegen die verfügbare Ressourcenkapazität möglicherweise nicht ausreicht, um alle Microservices aller Anwendungen auf einem einzigen Host bereitzustellen. Daher müssen einige – im Verhältnis weniger anspruchsvolle – Microservices auf andere Hosts in der Umgebung verteilt werden.
Eine mögliche Lösung dafür ist die Bereitstellung der Microservices basierend auf ihren Anforderungen, Ressourcenbedarf und dem Zustand der Umgebung. Das oberste Ziel ist es, das korrekte Verhalten einer Anwendung sicherzustellen. Angesichts der hochdynamischen Natur von Mobilfunknetzwerken – in denen sich Endgeräte ständig bewegen, dem Netzwerk beitreten oder es verlassen – stoßen traditionelle Optimierungsmethoden an ihre Grenzen. Diese Methoden sind entweder zu langsam oder nicht in der Lage, sich an kontinuierliche Veränderungen anzupassen.
Um diese Herausforderungen zu meistern, schlägt das Team der UDE eine Lösung auf Basis von Reinforcement Learning (RL) vor. RL eignet sich aufgrund seiner selbstlernenden und selbstanpassenden Natur hervorragend zur Lösung komplexer Probleme in dynamischen Umgebungen, wie der Verteilung von mobilen Anwendungen in MEC-Umgebungen. Ein RL-Agent lernt durch Interaktion mit seiner Umgebung, optimale Entscheidungen zu treffen, um langfristig maximale Belohnungen zu erzielen. Dies ermöglicht eine effiziente und flexible Platzierung der Microservices, die sowohl die Qualitätsanforderungen als auch den Ressourcenbedarf berücksichtigen.
Um die Effektivität der Lösung zu evaluieren, hat das Team der UDE umfangreiche Simulationen von MEC-Umgebung durchgeführt. Diese unterschieden sich in der Anzahl der MEC-Hosts, der Anzahl der Nutzergeräte und der Anzahl der Microservices. Die Ergebnisse zeigen, dass der RL-basierter Ansatz in der Lage ist, die Microservices effizient zu platzieren und dabei die QoS-Anforderungen zu erfüllen. Selbst in Szenarien mit hoher Nutzeranzahl und komplexen Anwendungsstrukturen konnte der Ansatz die Latenzzeiten minimieren und die verfügbaren Ressourcen optimal nutzen.
Durch den Einsatz von Reinforcement Learning kann die dynamische und ressourcenoptimierte Platzierung von Microservices in MEC-Umgebungen verbessert werden. Diese Entwicklung wird entscheidend dazu beitragen, die steigenden Anforderungen an Latenz und Datenrate in zukünftigen Mobilkommunikationsnetzen zu erfüllen. Die beschriebene Lösung wurde vom Team der UDE in einem Beitrag zusammengefasst und auf dem 9th International Conference on Fog and Mobile Edge Computing (FMEC 2024) in Malmö, Schweden vorgestellt und veröffentlicht. Link zum Beitrag: https://doi.org/10.1109/FMEC62297.2024.10710198