Edge im Dialog – Einblicke aus den Fokusgruppen Architecting Edges, Clouds beyond the Edge, Edge Security und Edge Analytics
Am 15. Juni 2021 startete das Competence Center 5G.NRW die Fokusgruppe Edge Computing mit dem Ziel, den offenen Austausch zu fördern, Vernetzung zu ermöglichen und gemeinsam Lösungen rund um das Thema Edge Computing zu entwickeln. In regelmäßigen Veranstaltungen wurden Herausforderungen, Potenziale und Grenzen von Edge-Technologien beleuchtet und mit Expert*innen aus Industrie, Forschung und Wirtschaft intensiv diskutiert. Im Jahr 2023 wurde die Fokusgruppe neu strukturiert: Seither widmen sich vier spezialisierte Gruppen gezielter den vielschichtigen Aspekten des Edge Computing.
In der Fokusgruppe Architecting Edges stand die Gestaltung und Nutzung von Edge-Architekturen in verschiedenen Anwendungsfeldern im Mittelpunkt. Besonderes Augenmerk lag auf der zunehmenden Dezentralisierung moderner Energieinfrastrukturen, insbesondere im Kontext von Elektromobilität, Wärmepumpen und privaten Energiespeichern. Diskutiert wurde, wie 5G-Edge-Clouds zur intelligenten Steuerung dieser verteilten Systeme beitragen können, etwa durch die geografisch nahe Ausführung von Überwachungs- und Regelungsdiensten. Ein weiterer Schwerpunkt war die Digitalisierung der Rettungskette bei medizinischen Notfällen. Anhand eines konkreten Anwendungsbeispiels wurde gezeigt, wie durch 5G-basierte Systeme Ersthelfer*innen schneller unterstützt und Patient*innen effizienter versorgt werden können. Auch die additive Fertigung wurde eingehend diskutiert, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz virtueller Realitäten und datengetriebener Analysen zur Optimierung industrieller Prozesse.
Im Zentrum der Fokusgruppe Clouds beyond the Edge stand Europas Weg hin zu einem souveränen Cloud-Edge-Kontinuum als Antwort auf die Dominanz globaler Hyperscaler. In diesem Zusammenhang wurde das europäische Großvorhaben IPCEI-CIS (Important Project of Common European Interest – Cloud Infrastructure and Services) vorgestellt. Dieses zielt darauf ab, eine innovative, vertrauenswürdige und leistungsfähige europäische Cloud- und Edge-Infrastruktur aufzubauen. Dabei setzt das Projekt gezielt auf Offenheit, Modularität und Interoperabilität, um die technologische Unabhängigkeit Europas zu stärken und gleichzeitig neue Marktchancen für Unternehmen aller Größen zu schaffen. Ergänzend wurde die Rolle des 5G-Kerns als technische Grundlage für performantes Edge Computing in Mobilfunknetzen diskutiert. Praktische Einblicke aus mehreren Jahren Betrieb privater 5G-Netze lieferten Erfahrungswerte zu Anwendungen, Herausforderungen und Chancen solcher Infrastrukturen im industriellen Einsatz. Ein weiteres zentrales Thema war die Orchestrierung mobiler Anwendungen in 5G-Edge-Cloud-Umgebungen. Dabei wurde deutlich, wie entscheidend die Berücksichtigung von Ressourcen- und Netzcharakteristiken für die dynamische Verteilung von Anwendungen ist
In der Fokusgruppe Edge Security drehte sich alles um Fragen der IT-Sicherheit im Kontext von 5G und Edge Computing. Ein Impuls aus dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zeigte auf, wie derzeit an einem gemeinsamen Verständnis sowie an praxisnahen Sicherheitsempfehlungen für Edge-Technologien gearbeitet wird. Darüber hinaus wurden konkrete Konzepte vorgestellt, wie Daten in industriellen Netzwerken ganzheitlich geschützt werden können, wie beispielsweise durch neue Sicherheitsprotokolle für industrielle Bussysteme oder durchgängig verwaltete Authentifizierungsverfahren in 5G-Campusnetzen. Auch die Frage, ob private 5G-Netze tatsächlich „secure by design“ sind, wurde kritisch diskutiert, insbesondere im Spannungsfeld zwischen offenen Cloud-Architekturen, potenziellen Angriffsszenarien und neuen Lösungen zur Erhöhung der Resilienz.
In der Fokusgruppe Edge Analytics wurde diskutiert, wie datengetriebene Anwendungen in Verbindung mit 5G neue Möglichkeiten für Prozessoptimierungen in Fertigung und Logistik eröffnen. So wurde unter anderem gezeigt, wie Schweißprozesse in Echtzeit durch Sensoranalysen und adaptive Steuerungen verbessert werden können. Ein weiterer Anwendungsfall demonstrierte, wie 5G-basierte Lokalisierungssysteme zur Erhöhung der Sicherheit auf Industriearealen beitragen, indem potenziell gefährdete Verkehrsteilnehmer frühzeitig erkannt und gewarnt werden. Im Rahmen der Fokusgruppe wurde zudem ein Verfahren zur automatisierten Erkennung logistischer Objekte anhand ihrer einzigartigen Oberflächenstruktur vorgestellt. Die Gruppe beschäftigte sich zudem mit einem Ansatz zur KI-gestützten Qualitätsbeurteilung in der Elektronikfertigung, der zeigt, wie sich menschliches Fachwissen mit maschinellen Lernverfahren kombinieren lässt, um robuste, praxistaugliche Edge-Anwendungen zu realisieren.
Rückblickend, fast vier Jahre nach der ersten Veranstaltung der Fokusgruppe Edge Computing, hat sich der regelmäßige Austausch im Rahmen der Fokusgruppen als ein geeignetes Diskussionsformat erwiesen, um Vertreterinnen und Vertreter aus Industrie, Forschung und Wirtschaft erfolgreich zusammenzubringen. Im Verlauf der Treffen wurde deutlich, welches Potenzial im interdisziplinären Dialog liegt. Aktuelle Herausforderungen aus der Praxis wurden vorgestellt, gemeinsam analysiert und Lösungsansätze diskutiert. Die Ergebnisse dieser Diskussionen flossen nicht nur in die jeweiligen Organisationen zurück. Sie führten zudem zu neuen Impulsen, wertvollen Erkenntnissen und dem Aufbau nachhaltiger Kooperationen, die das Innovationsnetzwerk des Competence Centers 5G.NRW auch über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus gestärkt haben.
Das Team der Universität Duisburg-Essen bedankt sich herzlich bei allen Teilnehmenden, insbesondere bei den Speakerinnen und Speakern, für die spannenden Impulse und die wertvollen Beiträge zur gemeinsamen Weiterentwicklung zentraler Fragestellungen.