Um die Ecke gedacht: Abdeckungserhöhung von 5G FR2 (mmWave) mittels passiver Reflektoren

Der Frequenzbereich 2 (FR 2) von 5G (auch genannt mmWave) wartet mit spektralen Resourcen für Hochleistungskommunikation im Gbit/s Bereich auf. Hauptprobleme sind jedoch die Funkausbreitungsbedingungen: Sie erfordern gerichteter Funkübertragungen (insbesondere mittels Phased Array Antennen und Pencil Beams), führen dennoch nur zu einer geringen Reichweite und aufgrund einer schlechten Materialdurchdringung einer lückenhaften Abdeckung. Das an der TU Dortmund gemeinsam mit dem 6GEM Forschungshub entwickelte HELIOS-Konzept bietet einen vielversprechenden Lösungsansatz, um passgenau die mmWave Funkabdeckung von 5G und künftigen 6G Basisstationen zu erhöhen und somit ihre Effizienz zu steigern.

Die Idee besteht zunächst darin, neue Ausbreitungspfade für die mmWave Funksignale zu schaffen, damit diese weiter reichen und neue Gebiete erschließen. Denn die Funksignale durchdringen die meisten Materialen äußerst schlecht und so kommt es oft zu nahegelegenen, aber abgeschatteten Bereichen ohne Empfang. Das Beam Management in der 5G FR 2 Basisstation macht sich die vorhandenen Signalausbreitungspfade zu nutze und stellt den Pencil Beam für eine gerichtete Funkübertragung so ein, dass das mobile Endgerät mit ausreichend Signalstärke erreicht wird. Doch wenn es keinen nutzbaren Ausbreitungspfad gibt, befindet sich das Endgerät im Funkloch und kann nicht versorgt werden.

An dieser Stelle kommt das HELIOS-Konzept zum Einsatz: Auf Basis eines 3D Umgebungsmodells können in Computersimulationen mittels Raytracing die Signalausbreitungspfade untersucht und Funklöcher identifiziert werden. Anschließend können für geeignete Anbringungspunkte die sogenannten HELIOS-Reflektoren entworfen und parametriert werden. Die passiven Reflektoren weisen eine modulare Struktur auf und können so produziert werden, dass sie passgenau für den vorgesehenen Anbringungspunkt die Funksignale in die vorgesehene Richtung weiterleiten. Die passive Bauweise erfordert dabei weder eine Integration in die Signalisierungskanäle des Mobilfunknetzes noch eine Stromversorgung.

HELIOS Design und Herstellungsprozess (entlehnt aus IEEE Access-Beitrag)

Das HELIOS-Konzept wurde von den Forschern der TU Dortmund ausführlich und wissenschaftlich fundiert in einem Journal-Beitrag erläutert. Dieser ist per Open Access verfügbar. Darin wird auch ein einfaches Herstellungsverfahren für Prototypen beschrieben, welches mittels 3D Druck und einer metallischen Sprühlackierung die Produktion von HELIOS-Reflektoren für erste Proof-of-Concept Studien und Validierungsmessungen im Labor ermöglicht (siehe obige Abbildung). Darüberhinaus weisen auf ein urbanes Umfeld skalierte Simulationstudien die Funktionsweise und den Mehrwert des Verfahrens nach.

Im Rahmen der General Assembly des 6GEM-Projektes im Juni 2023 in Dortmund, auf dem auch das Competence Center 5G.NRW vertreten war (5g.nrw berichtete), wurde das HELIOS-Konzept unter Nutzung der mmWave Experimentalplattform demonstriert. Ebenfalls im Juni 2023 wurde der Demonstrator anschließend als Teil des 6GEM-Standes auf dem 6G-Plattform Treffen in Berlin ausgestellt und erfuhr auch dort äußerst positive Resonanz (siehe auch News-Beitrag BMBF).

HELIOS Demo AR Ansicht (entlehnt aus MobiWac-Beitrag)

Mittels Augmented Reality (AR) und einem digitalen Zwilling werden die sonst unsichtbaren Mechanismen des Beam Managements dem Publikum präsentiert. Ein Video, das auf Basis des in Berlin aufgezeichneten Materials erstellt wurde, ist hier abrufbar und alle Hintergründe zum Aufbau des Demonstrators und der Funktionsweise des digitalen Zwillings finden sich in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung, die Ende Oktober auf dem internationalen ACM Symposium on Mobility Management and Wireless Access (MobiWac 2023) vorgestellt wurde und per Open Access verfügbar ist.

Im Rahmen der Zusammenarbeit des 6GEM-Forschungshubs und des Competence Centers 5G.NRW wird sich das Team der TU Dortmund auch weiterhin mit der Erforschung von Reflektoren im mmWave-Bereich befassen und untersucht anwendungsgetrieben ihre Einsatzmöglichkeiten für aktuelle und zukünftige Mobilfunknetze.