Telefónica-CEO Markus Haas im Podcast: 5G-Netze bleiben weitgehend ungenutzt
Im RTL+ Tech-Podcast „So techt Deutschland“ von ntv sprach Markus Haas, CEO von Telefónica Deutschland (O2), über den aktuellen Stand des Netzausbaus, die Herausforderungen und die ungenutzten Möglichkeiten. Trotz des nahezu flächendeckenden Ausbaus bleibt die volle Leistungsstärke der 5G-Netze in Deutschland weitgehend ungenutzt, insbesondere von Industriekunden. Viele der für die Industrie entwickelten Anwendungen befinden sich noch in der Testphase oder haben es aktuell von der Pilotphase noch nicht zur Marktreife geschafft. Dies zeigt, dass das Potenzial der Technologie noch nicht ausgeschöpft wird.
Deutschland hat beim 5G-Netzausbau in Europa eine Spitzenposition erreicht und gilt als führend bei der Netzabdeckung. Jeweils mindestens ein Mobil Network Operator (MNO) hat inzwischen 99 Prozent der Bevölkerung erreicht. Der Fokus verschiebt sich jedoch zunehmend auf die Flächenabdeckung, die für die Verlängerung von Frequenzen bis 2030 durch die Bundesnetzagentur gefordert wird. Während in städtischen Gebieten die Nachverdichtung der Netze eine Priorität hat, um Stoßzeiten – die sogenannte „Busyhour“ – besser zu bewältigen, liegt in ländlichen Regionen der Schwerpunkt auf der Versorgung von abgelegenen Gebieten und Verkehrsrouten.
Hier stoßen die MNOs jedoch auf Herausforderungen: Natur- und Landschaftsschutzgebiete, die etwa vier Prozent der Fläche Deutschlands ausmachen, erschweren den Netzausbau erheblich. In diesen Gebieten können kaum Antennen errichtet werden, weshalb viele Verkehrsstrecken weiterhin durch Funklöcher führen. Um diese Lücke zu schließen, arbeitet die Bundesregierung an einem Gesetz, das es ermöglichen soll, auch in Schutzgebieten notwendige Standorte zu bauen – mit dem Ziel, die Eingriffe auf das Nötigste zu begrenzen.
Die wirtschaftliche Umsetzung des Netzausbaus in ländlichen Regionen wird durch die gemeinsame Nutzung passiver Infrastruktur, wie Funkmasten, vorangetrieben. Ohne diesen Ansatz könnten Betreiber den Ausbau nicht kosteneffizient realisieren. In grenznahen Regionen entsteht ein weiteres Problem: Nutzer empfangen oft ausländische Netze, da deutsche Anbieter die gesetzlichen Grenzwerte für Sendeleistungen weit unterhalb des Maximums einhalten.
Ein kritischer Punkt für den Netzausbau sind zudem langwierige Genehmigungsverfahren. Derzeit dauert es in vielen Bundesländern durchschnittlich anderthalb Jahre, bis Bauanträge genehmigt werden – obwohl 99,5 Prozent der Anträge letztendlich bewilligt werden. Nordrhein-Westfalen ist hier eine Ausnahme: Seit 2024 dürfen Funkmasten auf eigenes Risiko der MNOs auch ohne vorherige Baugenehmigung nach drei Monaten Wartezeit errichtet werden, was den Ausbau erheblich beschleunigen könnte. Dies geht auf eine Initiative der nordrhein-westfälischen Mobilfunkkoordinatorinnen und -Koordinatoren sowie der Task Force Mobilfunkausbau zurück.
Eine weitere Effizienzsteigerung bring der Einsatz von KI mit sich. Markus Haas sieht in unterschiedlichen Feldern große Einsparpotenziale. Die MNOs können die Wartungsarbeiten der Mobilfunknetze effizienter gestalten, den Energieverbrauch im Mobilfunksektor um bis zu 80 Prozent senken und Emissionen entlang der Wertschöpfungskette reduzieren. Darüber hinaus könnte KI die Planung und Verwaltung von Netzen optimieren, um den Ausbau gezielt voranzutreiben.
Mit datenintensiven Anwendungen wie KI-Diensten steigt auch der Bedarf an Rechenkapazitäten. Rechenzentrumsbetreiber setzen zunehmend auf dezentrale Strukturen durch Edge Computing, um die Verarbeitung großer Datenmengen zu beschleunigen in der Nähe der Endgeräte zu ermöglichen und die Latenzzeiten zu optimieren. Während Satellitenlösungen derzeit nur eine komplementäre Rolle spielen, etwa global in abgelegenen Regionen wie der offenen See, könnten sie künftig als zusätzliche Option vor allem für die Abdeckung des ländlichen Raums in Deutschland ebenfalls an Bedeutung gewinnen. Hier sollen zukünftig auch europäische Lösungen im Markt zu finden sein.
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